
Die erste Klasse kann ganz schön anstrengend sein!
Nach Corona und maximal 5 mal Vorschule im Kindergarten, wurde mein Sohn ins kalte Wasser geworfen.
Ich wollte ihn am liebsten zurückstellen lassen, wollte, dass er seine Kindergartenzeit noch geniessen darf.
Dass er ohne Tests und Maske unbeschwert in den Tag starten kann.
Für ihn kam das nicht in Frage, denn er wollte mit seinen Freunden eingeschult werden. Daran gab es nichts zu rütteln.
Er war nicht gut vorbereitet auf das was kam. Er ist sehr sensibel und ihn hat das alles komplett überrollt.
Plötzlich regelmässige Tests, Maske tragen, was er davor gar nicht kannte. Er war bei seiner Einschulung noch nicht lange 6.
Im Laden sagte er: „Wir tun so, als wär ich noch 5!“
Natürlich war ich einverstanden, denn ich liebte sein unschuldiges, süsses Lächeln.
In der Schule ging das nicht mehr. Er wurde knallhart auf die Probe gestellt. Und ich mit.
Mittags war er so kaputt, dass er oft einschlief. Für die Hausaufgaben hatte er kaum noch Kraft und war schwer zu motivieren, diese noch zu erledigen.
Er weinte plötzlich aus dem Nichts, ohne einen sichtbaren Anlass. Weil er sich missverstanden fühlte, weil „du verstehst mich einfach nicht“.
Abends konnte er lange nicht einschlafen und fragte mich einmal, ob ich ihn bitte von der Schule abmelden könne, er wolle dort nicht mehr hin.
Beim Tischtennis und Fussball geht das, mit der Schule wird es da schon schwieriger.

Morgens wollte er nicht aus dem Auto aussteigen und weinte.
Die Jungs lachen über ihn, weil er sich gut mit den Mädchen versteht, sagte er.
Der eine Junge habe ihm Schläge angedroht und überhaupt. Alles sei so laut, er könne sich nicht konzentrieren.
Die Sporttage hauten ihn komplett um. Rüber zur Sporthalle laufen, umziehen, Sport machen, wieder umziehen und wieder zurück zur Schule. Puh!
Er erzählte von Geschrei, wilden Kämpfen unter Jungs und Geschubse.
Der Lehrerin war wichtig, dass sie sich wirklich auch umziehen, dass es Sportkleidung gibt und die dann auch erst in der Umkleide angezogen wird.
Als ich merkte, dass die Sporttage wirklich furchtbar anstrengende Tage wurden für uns beide, machten wir einen geheimen Plan.
Unter den Pulli zog er ein Sport- Shirt an. „Dann hast du nicht ganz so viel zum Umziehen. Das merkt doch keiner,“ flüsterte ich ihm ins Ohr und er grinste.
Immer öfter kam Bauchweh dazu. Das Phänomen kannte ich schon vom großen Sohn.
Bauchweh kann alles sein, aber selten ist es Bauchweh.
„Ich bin unsicher!“
„Mir fehlt der Halt!“
„Ich hab Angst!“
„Ich fühl mich nicht wohl!“
„Mir ist alles zu viel!“
„Ich will da nicht hin!“
Wenn wir morgens zur Schule fuhren und er ganz still wurde, da merkte ich es ihm an.
Ich parkte und fragte, ob er noch ein paar Minuten zu mir nach vorne kommen will. Das gefiel ihm. Er setzte sich auf meinen Schoß ich legte meine Arme um ihn, redete ihm gut zu.
Manchmal waren wir auch nur still. Das half ein bisschen. Schwer fiel das Aussteigen immer noch, aber es ging ohne Tränen.

Wenn ich ihn abholte und nichts richtig machen konnte, ihn IMMER falsch verstand, ihm NIE zuhörte und er in Tränen ausbrach, wusste ich:
Es war wieder zu viel.
Ich fragte: „Wie voll ist dein Akku?“
Damit ist der Liebesakku gemeint. Er formte seine Augen zu Schlitzen und zeigte mit Daumen und Zeigefinger gaaaaanz wenig an. Fast leer also. Das dachte ich mir!
Dann breite ich die Arme aus, er kuschelt sich an mich. Es gibt nur eine Möglichkeit den Liebesakku schnell wieder aufzuladen:
Ganz festes Drücken hilft, festes Rückenstreicheln, bis man die Wärme spürt und eine leise Stimme, die liebe Sachen sagt.
Damit wird es schnell wieder besser und nach Regen kommt Sonnenschein.
Wenn das Bauchweh sich lang gehalten hat, oder besonders schlimm war und ich frei hatte, ja, dann hab ich ihn auch schon mal abgemeldet.
Krank ist man nicht nur, wenn man Fieber hat, Halsweh hat, oder Ausschlag.
Manchmal ist es eben auch Bauchweh.
Erst Recht, wenn Bauchweh nicht wirklich Bauchweh ist.
Wenn alles zu viel wird und man Abstand braucht. Danach ging es immer viel besser weiter und ich merkte, dass es die richtige Entscheidung war.
